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Emotionale Intelligenz
Emotionale Intelligenz
Stichworte wie Digitalisierung, Robotics oder künstliche Intelligenz (AI) sind in aller Munde. Unternehmen wappnen sich, um den Trend nicht zu verpassen. Während die Belegschaft diese Entwicklung eher kritisch beobachtet. Insbesondere dann, wenn durch kritische Stimmen Ängste geschürt werden, die behaupten AI werde uns Menschen im Arbeitsalltag ersetzen. Diese «Kritiker» übersehen jedoch, dass Menschen Emotionen haben – Menschen sind emotional intelligent.
Doch was bedeutet es emotional intelligent zu sein?
Das Thema ist nicht neu. Bekanntheit erlangte der Begriff «Emotionale Intelligenz» (EQ) bereits 1995 durch die Veröffentlichung des Buches «Emotional Intelligence: Why it can matter more than IQ» von Daniel Goleman.
Nach Goleman ist Emotionale Intelligenz die Fähigkeit,
- eigne Emotionen wahrzunehmen (Self-Awareness),
- mit ihnen umgehen zu können und sich selbst zu motivieren (Self-Management),
- sich in andere Menschen einfühlen zu können (Empathie, Social Awareness) und
- einen kompetenten Umgang mit Beziehungen zu pflegen (Relationship Management).
EQ ist eine soziale Kompetenz und spielt in der Interaktion mit anderen eine wichtige Rolle. Sie begleitet uns in unserem Alltag, z.B. beim Brötchen kaufen oder im Umgang mit unseren Arbeitskollegen. Im Übrigen gehört EQ zu den wichtigsten Führungskompetenzen.
Bedenkt man, den Wandel der Arbeitswelt als auch die neuen Arbeitsformen Stichwort «New Work», dann ist EQ ein fester Bestandteil davon. Dies wird durch zahlreiche Studien und Trendreports bestätigt. Unter anderem hat das World Economic Forum (WEF) EQ auf ihre Kompetenzliste aufgenommen. Auch bekannte Beratungshäuser heben Sie wieder explizit hervor. So zeigt eine Studie von Deloitte auf, dass Unternehmen EQ als eine der wichtigsten Kompetenzen der Zukunft ansehen und bereits jetzt weniger auf die reine Fachlichkeit setzen.
Und die gute Nachricht ist – EQ ist nicht etwas, was man hat oder nicht, sondern sie ist erlernbar. Jeder kann seine Emotionale Intelligenz erhöhen.
Die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen, sich ihrer bewusst zu sein sowie zu wissen, wie man auf seine eigenen Emotionen und die der anderen reagiert, unterscheidet EQ von künstlicher Intelligenz, somit den Menschen von der Maschine.
Wie kann ich meinen EQ erhöhen?
Zum Erlernen bzw. zur Erweiterung seines EQ braucht es vier Schritte.
Schritt 1: Bewusstsein schaffen
Es erfordert das Eigeninteresse. Ich muss mir bewusstwerden, dass ich mich mit meiner Emotionalen Intelligenz und ihren Auswirkungen auf mich selbst und meine Umgebung auseinandersetzen will. Ein Pflichttraining z.B. für Führungskräfte wäre an dieser Stelle nicht effektiv, so lange die einzelne Person nicht bereits ein Interesse für die Thematik bekundet hat. Daraus lässt sich schliessen, dass ein erstes Interesse für das Thema EQ sowie ein Bewusstwerden bei der einzelnen Person stattfinden muss.
Schritt 2: Selbstwahrnehmung
Selbstwahrnehmung beschreibt das Wissen über die eigene Person, d.h. ich kenne meine Eigenschaften, Fähigkeiten («Was trage ich in mir?») und Verhaltensweisen («Wie reagiere und handle ich?»). Menschen, die sich selbst wahrnehmen,
- kennen ihre Stärken und Schwächen, die Vielfalt ihrer eigenen Persönlichkeit und ihre Werte
- verstehen den Zusammenhang zwischen ihrer Persönlichkeit und ihrem Verhalten
- vertrauen sich selbst ebenso wie anderen
- bringen ein Verständnis für die Sichtweisen anderer auf und erkennen diese an (Menschen sind unterschiedlich und vielfältig)
- gehen respektvoll und tolerant mit Fehlern anderer um
- bauen ein Verständnis für ihre eigenen Vorurteile auf, reflektieren diese und können daran arbeiten ihre Vorurteile abzubauen
Schritt 3: Selbstreflektion
Was steckt hinter der Selbstwahrnehmung? Die Selbstreflektion.
Selbstreflektion geht mit Selbstwertgefühl einher. Ein stabiles Selbstwertgefühl hilft bei der Entwicklung von sozialen Kompetenzen. Wenn wir uns selbst reflektieren, können wir z.B. eine (unangenehme) Situation aus dem Berufsalltag Revue passieren lassen und daraus schlussfolgern, wie wir es beim nächsten Mal anders machen können. So vermeiden wir, aus einem etwaigen Angstgefühl heraus zu reagieren oder seinem Gegenüber nicht wertschätzend entgegen treten zu können.
Durch Selbstreflektion können wir erlernen vermeintlich «persönliche Angriffe» nicht als solche wahrzunehmen, sondern diese sachlich zu betrachten und aufzufassen.
Hierfür empfiehlt sich, eine fallweise Gegenüberstellung des Selbst- und Fremdbildes sowie eine Prüfung, ob diese noch übereinstimmen. Dabei stellt man Fragen an sich selbst, hinterfragt aber die Gegebenheiten – nicht sich selbst – und unterzieht seine Glaubensätze/Muster ebenso wie die eigene (selektive) Wahrnehmung einer Überprüfung. Dies führt uns schlussendlich zur Selbstführung.
Schritt 4: Selbstführung
Sich selbst zu erkennen und wahrzunehmen als derjenige, der man ist – nicht wie man glaubt zu sein oder wie man glaubt, sein zu müssen (Maske!) – das ist die Fähigkeit der Selbstführung.
Wir wachsen mit Glaubensätzen auf, die uns in unserer Kindheit und Jugend prägen. Meist übernehmen wir das Verhalten der Eltern oder wichtiger Bezugspersonen. Glaubenssätze sind Gedanken oder «Vorgaben», wie z.B. «Ohne Fleiss kein Preis» oder «Männer weinen nicht». Häufig beeinflussen sie uns unterbewusst in unserem Denken und Handeln, wir empfinden sie als «wahr». Werden wir uns dieser Glaubenssätze bewusst, dann fällt es uns leichter die entsprechende Situation zu identifizieren und gezielt entgegenzuwirken oder sie in «Erlaubens Sätze» umzuwandeln. Ein Beispiel könnte sein «Ich darf Fehler machen» oder «Ich bin nicht perfekt und das ist okay». Die Selbstführung erfordert den Mut seine eigene Persönlichkeit kennenlernen zu wollen. Das führt uns wieder zum Bewusstwerden (Schritt 1), der Selbstwahrnehmung (Schritt 2) und Selbstreflektion (Schritt 3). Dies macht uns zu selbstkompetenten Menschen, die empathisch und motiviert sind, ihre Potenziale kennen und ihre Emotionen beherrschen. Zu erwähnen sei noch, dass je vertrauter einem die eigene «Maske» ist, desto schwerer fällt es uns sie abzulegen, was in manchen Fällen erst in Folge einer Krankheit, wie in Form eines Burnouts erfolgt.
Wie bereits zu Beginn erwähnt, gehört EQ zu den wichtigsten Führungskompetenzen. Daniel Goleman et al., sagen in diesem Zusammenhang, dass es nicht entscheidend ist was eine Führungskraft macht, die Frage ist «Wie» sie es macht, nämlich durch Emotionen.
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